bike & ski mongolia
© 2024 Tofisch & Partner Ich verschließe gerade die letzte Schnalle an meinem großen Expeditionssack, daneben steht noch eine flugtaugliche Bikebox, vollgestopft mit Ausrüstung für die nächsten drei Monate.
Nach der zweimonatigen intensiven Vorbereitungszeit ist es nun endlich so weit, in wenigen Stunden sitze ich in einer russischen Flugmaschine mit dem Ziel Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei.
Ich starre auf meine Ausrüstung und checke im Kopf nochmal jedes Detail ab. Im Bauch ein seltsam aufregendes Gefühl: das erste mal wirklich allein und auf mich gestellt unterwegs. Was wird mich wohl erwarten...?
Wird der Begriff Abenteuer halten was er verspricht?
Es ist der 26. März, Mittagszeit und noch Winter in Ulan Bator. Die Iluschin, ein altes russisches Flugzeug, setzt mit einiger Verspätung hart auf dem mongolischen Asphalt des Flughafens auf. Ich hohle ganz tief Luft und schlucke, als der Flugkapitän die derzeitige Temperatur durchsagt: -16°C. Auch Tilmann Waldthaler, der mich die ersten 14 Tage für Film- und Fotoarbeiten begleitet, schluckt und wir schauen uns lächelnd an, denn wir wissen was uns erwartet.
Der erste Eindruck, den ich vom Land des Chinggis Khans erhalte ist sehr herb, wie auch das Klima, die Landschaft und die Geschichte dieses für uns unbekannten Landes ist.
Die Mongolei liegt zwischen Russland und China und ist ein selbstständiger Staat. Seit kurzem ist es Individualtouristen erlaubt, das Land frei zu bereisen. Wie schön das auch klingt, aber das Reisen in der Mogolei wird einem nicht leicht gemacht. In einem Land, das fünf mal so groß ist wie z.B. Deutschland gibt es 475km asphaltierte Straße, der Rest sind nur Fahrspuren. Von den zwölf Monaten im Jahr sind neun Winter und die Jahresdruchschnittstemperatur beträgt gerade mal –2,5°C. Dazu kommt noch die sehr dünne Besiedlung des Landes: 1,5 Einwohner/km².
Die unendliche, abwechslungsreiche und farbenfrohe Landschaft, mit ihren weichen Linien ist eine der schönen Seiten der Mongolei. Auch die 240 Sonnentage pro Jahr, der immer blaue Himmel und die interessante und einzigartige Lebenskultur der mongolischen Nomaden entschädigen für jede Strapaze.
© 2024 Tofisch & Partner Ziel meiner Reise war es in drei Monaten die Mongolei von Osten nach Westen mit dem Mountainbike zu durchqueren und die höchsten Berge mit Skier zu besteigen und abzufahren. Tatsächlich schaffte ich es 3000km mit dem Bike durch die Mongolei zu fahren und zwei Berge zu besteigen und abzufahren. Ich konnte mir hier in Europa sehr wenig Informationen über die Mongolei beschaffen, geschweige denn von Straßenverhältnissen und Berganstiegen. Ich mußte mich auf meine Intuition und meine Erfahrung vor Ort verlassen, um weiterzukommen. Sehr schnell lernte ich zu improvisieren und spontan zu handeln, denn in diesem Land kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt. Ich habe mich auf so manches versucht vorzubereiten und mich auf eine harte Zeit eingestellt. Die Temperaturen lagen zwischen –30°C und +20°C, auch oft innerhalb einiger Stunden. Es gibt in der Mongolei keinen Tag ohne Wind und der ist wortwörtlich eisig bei diesen Temperaturen, wie auch das Wasser jeden Tag am Morgen in der Bikeflasche festgefroren war. Ich traf auf Fahrspuren, die von der Lehmpiste bis zum Schützengraben alles boten. Die Distanz zwischen Dörfern, wo ich wußte, dass dort seßhafte Menschen leben und ich einige Vorräte kaufen konnte, betrugen oft bis zu 400km. Genauso mußte ich Einheimische nach dem Weg zu den höchsten Bergen fragen, da ich zwar wußte wie sie heißen, aber nicht wie sie aussehen.
© 2024 Tofisch & Partner Die mongolischen Nomaden, die in ihren Zelten weit verstreut in der Steppe des Landes leben, waren die einzigen Menschen denen ich in diesen 2 Monaten begegnete. Kein Tourist, Europäer oder englisch sprechender Mensch kreuzte meine Wege. Alleine und auf mich gestellt war ich oft gezwungen und zugegeben auch froh, mich mit den Einheimischen unterhalten zu können oder sie um Auskunft zu fragen. Sie luden mich in Ihre Zelte, die sie Ger nennen, ein um bei einer Schale gesalzenem Milchtee und einigen Stücken hartem Ziegen- oder Schafskäse oft stundenlang in mongolisch und hauptsächlich in Körpersprache über Gott und die Welt zu diskutieren. Fast jedes mal wurde für mich gekocht. Essen ist ein sehr einfaches Thema in der Mongolei, denn es gibt nur Fleisch. Meist nur gekochtes Hammelfleisch ohne Beilagen. Dazu bekommt man ein schönes Stück reines Fett, das einem, wie die Mongolen glauben, Wärme schenkt. Gemüse oder sogar Früchte gibt es in diesem Land keine. Die Vegetationsperiode ist zu kurz, um eine Kartoffel wachsen zu lassen. Den fehlenden Vitamin- und Nahrstoffhaushalt holen sich die Mongolen von Kumys, einem Getränk aus gegohrener Stutenmilch, die einem Gast selbstverständlich aus der größten Schale gereicht wird. Lustig wird es dann für alle beteiligten in einer Kumysrunde nach der Dritten Schale, da es die Verdauung sehr anregt und dann einer nach dem anderen das Zelt verlässt und, wie die Mongolen sagen 'nach den Pferden schauen gehen muß!
Einzigartig ist die Gastfreundschaft der Mongolen. Eine Tradition die noch von Zeiten des Chinggis Khan stammt. So hat mir ein mongolischer Grenzbeamter mit sehr viel Zeitaufwand und Umständen geholfen, alle Papiere aufzutreiben, um in das Gebiet des Tavan Bogd Uuls hineinzukommen. Bei der Orientierung beim Rad fahren, haben mir unzählige Reiter, die wie das Heer von Chinggis Khan meist aus dem Nichts irgendwo aufgetaucht sind, weitergeholfen. Einheimische in der Großstadt Ulan Bator haben mir geholfen Nahrungsmittel, Flugticket und Informationen zu beschaffen. Dies sind alles lebensnotwendige Dienste in einem Land wie die Mongolei. Zweimal habe ich weit draußen, entfernt von jeglicher Zivilisation, taubstumme Hirten getroffen. Wie oft war ich doch in derselben Situation wie sie, da ich die mongolische Sprache nicht verstand und auch ihre Schrift nicht lesen konnte. Aber durch ihre klar verständliche Gestik, konnte ich mich mit ihnen am Besten unterhalten.
Der Begriff Abenteuer hat in der Mongolei, wo jede bei uns alltägliche Handlung zum Erlebnis wird, mehr als seiner Bedeutung entsprochen...